Dominiert Tesla die deutschen Nachrichten?

Gefühlt war Tesla 2021 in den Nachrichten so dominant wie nie zuvor. Nicht nur wird die Marke als Referenz für die deutschen Autohersteller in den Medien herangezogen, auch der CEO Teslas, Elon Musk, ist durch seine exzentrische Art gefühlt allgegenwärtig. Oder ist das ganze nur meine persönliche Wahrnehmung? Wie präsent ist Tesla in den Online-Medien, verglichen mit der deutschen Konkurrenz, wirklich?

Wir von azernis haben uns dazu die Veröffentlichungen von sechs deutschen Publishern 2021 angesehen und ausgewertet. Die sechs analysierten Publisher haben wir bewusst gewählt. Mit dabei sind Tagesschau.de als öffentlich-rechtlicher Publisher mit nationaler Bedeutung und BR24, ein erfolgreiches regionales Nachrichtenangebot des ÖRR. t-online.de ist als Vertreter des Boulevards dabei. Hinzu kommen Spiegel.de, Zeit.de und FAZ.de, die aufgrund ihres sozial-liberalen bzw. konservativen Rufs ausgewählt wurden.

Zuerst schauen wir uns an, wie häufig generell über die Automobilhersteller auf den Startseiten berichtet wird. Dabei unterscheiden wir zwischen den Erwähnungen einer Automarke im Teaser-Text eines Artikels und einer Erwähnung in der Überschrift. Dies ist in der folgenden Abbildung dargestellt.

Am häufigsten wird Volkswagen erwähnt, gefolgt von Mercedes und anschließend Tesla. Die restlichen vier deutschen Automobilhersteller BMW, Porsche, Opel und Audi folgen. Wenn man also einfach nur auf die Anzahl der Artikel und Erwähnungen schaut, dominiert Tesla keineswegs die deutschen Publisher. Allerdings ist das etwas kurz gegriffen. Denn Tesla ist noch immer ein Nischenhersteller. Setzt man die Anzahl der verkauften Autos in Deutschland in Relation zur Berichterstattung, ändert sich der Eindruck. Die folgende Tabelle zeigt die Anzahl der Erwähnungen je 1000 verkaufter Autos in Deutschland.

Das ist überragend! Je 1000 verkaufter Autos erhält Tesla 17 Artikel in unserem Datensample, während BMW beispielsweise nur knapp einen erhält. Da kann man schon von einer Dominanz sprechen. Auch Porsche bekommt viele Erwähnungen im Vergleich zur Anzahl der verkauften Autos. Interessant ist der Vergleich zwischen Mercedes und BMW. Beide verkaufen ungefähr gleich viele Fahrzeuge in Deutschland, aber Mercedes bekommt dreimal so viel mediale Aufmerksamkeit. Das Engagement des Stuttgarter Konzerns in der Formel 1 scheint ausschlaggebend für die hohe Berichterstattung zu sein. Außerdem gab es aufgrund der Aufspaltung des Konzerns in eine PKW- und eine LKW-Sparte viele Artikel und Meldungen.

Teslas PR-Abteilung dürfte im Vergleich zur deutschen Konkurrenz eher klein ausfallen. Tesla ist dafür bekannt wenig Geld in Werbung zu investieren. Das ist auch gar nicht nötig, da Elon Musk selbst sehr viel Aufmerksamkeit erzeugt. Es werden häufig Artikel über ihn persönlich veröffentlicht, in denen seine erfolgreichste Firma natürlich bereits im Teaser-Text erwähnt wird. Durch seine extrovertierte und auffallende Art ist ihm so Aufmerksamkeit für die Automarke garantiert. Mit dem Angebot zur Übernahme Twitters ist sein Name und der Teslas auch nochmal häufiger in den Medien gewesen. Dieser Aspekt wird allerdings nicht in den Daten berücksichtigt, da hier nur das Jahr 2021 beleuchtet wird. Außerdem ist die Rolle Teslas als Herausforderer der Branche selbst eine interessante Geschichte, sodass auch bei Artikeln über andere Hersteller häufig der Name der kalifornischen Firma fällt. Nicht zuletzt wurden die neuen elektrischen Fahrzeuge der deutschen Hersteller als “Tesla-Jäger” oder ähnliches bezeichnet.

Gibt es eigentlich einen Publisher, der besonders viel über Tesla berichtet?

Zuerst lässt sich feststellen, dass Zeit Online am häufigsten über Autohersteller berichtet. Das liegt allerdings unter anderem daran, dass auf der von uns beobachteten Startseite auch Inhalte der dpa veröffentlicht werden. Das sind Meldungen, die automatisch von der Nachrichtenagentur übernommen werden und entsprechend einfach und häufig platziert werden. Bei den meisten anderen Publishern werden Inhalte der Nachrichtenagenturen nicht auf der Startseite platziert.

Außerdem ist an den Daten auffällig, dass die Nachrichtenangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sehr wenig über Automarken berichten. Das hängt unter anderem mit dem Werbeverbot zusammen. Gesponsorte Probefahrten und Reviews zu neuen Modellen gibt es dort nicht. Stattdessen dominieren Artikel über wirtschaftliche Auswirkungen und Zusammenhänge.

Die folgende Tabelle stellt die Anzahl der Artikel über die Autohersteller, gemessen über die Erwähnungen im Teaser-Text, für jeden untersuchten Publisher einzeln dar.

Die wenigsten Artikel über Tesla gibt es bei BR24. Dort sind die bayerischen Hersteller BMW und Audi weit vorne. Der Anteil Teslas an den untersuchten Artikeln beträgt aber immerhin noch 11%. Den höchsten Anteil erreicht Tesla beim Spiegel und der Tagesschau mit jeweils ca. 27%. Bei beiden Publishern liegt damit der amerikanische Hersteller auf Platz zwei, hinter Volkswagen. Der Einfluss Teslas auf die Berichterstattung scheint sehr hoch, immerhin wären rechnerisch bei gleicher Verteilung aller Hersteller nur 1/7 = 14,2% erwartbar. Verglichen mit dem Marktanteil bzw. der Anzahl der verkauften Autos sogar deutlich weniger, wie oben bereits gezeigt wurde. Dennoch kann nicht von einer Dominanz Teslas gesprochen werden, da der Gesamtanteil überschaubar bleibt.

Für wie relevant halten die Publisher Nachrichten über Tesla?

Dazu schauen wir uns den Aufmacher der Seiten an. Der Aufmacher ist der oberste Artikel einer Nachrichten-Webseite. Dort werden für gewöhnlich die wichtigsten und interessantesten Artikel veröffentlicht. Welche Hersteller dominieren diesen prestigeträchtigen Platz?

Die untersuchten Publisher des öffentlich-rechtlichen Rundfunks schreiben selten über die Automobilhersteller auf ihrer Aufmacher-Position. BR24 hat 2021 insgesamt nur zwei Artikel ganz oben auf der Startseite gehabt, die einen Bezug zu Autoherstellern haben. Dabei ging es um den Diesel-Skandal VWs und um Kartellstrafen, die gegen Volkswagen und BMW verhängt wurden. Ähnlich sieht es bei tagesschau.de aus. Dort gab es acht Artikel als Aufmacher, die sich mit den deutschen Autoherstellern beschäftigt haben. Nur ein Artikel erwähnte dabei Tesla. Allerdings handelt der Artikel nicht direkt von Tesla, sondern von Elon Musk, der wie andere Superreiche auch, kaum Steuern zahlt.

Bei Zeit Online handeln ganze 90% der Aufmacher, die einen Bezug zu einem Autohersteller haben, von Tesla. Zeit Online schreibt also sehr prominent über Tesla. Die Artikel handeln sehr viel über die neue Fabrik des Herstellers in Grünheide oder allgemein von der E-Mobilität. Der einzige Aufmacher, bei dem Tesla nicht erwähnt wird, ist ein Artikel über einen Todesfall im Zulieferer-Umfeld Volkswagens. Er ist hier verlinkt. Bei den anderen Publishern wird Tesla, im Vergleich zur gesamten Anzahl an Artikeln über diesen Herstellern, seltener im Teaser-Text des Aufmachers erwähnt. Dort kann man entsprechend ebenso behaupten, dass Tesla keine dominante Rolle spielt.

Zusammenfassung

Insgesamt lässt sich festhalten, dass man die Ausgangsfrage, ob Tesla die deutschen Medien dominiert, differenziert beantworten muss. Im Vergleich zur verkauften Anzahl an Fahrzeugen nimmt Tesla eine große Rolle in der Berichterstattung ein. Abgesehen von einem Publisher, wird Tesla hingegen auf der wichtigsten Position, ganz oben auf der Webseite, seltener erwähnt. Dort sind die deutschen Hersteller, allen voran Volkswagen, noch immer am stärksten vertreten. Außerdem muss man festhalten, dass viele Artikel über Tesla auf den CEO zurückzuführen sind. Musks Persönlichkeit und Aktivitäten auch bei anderen Unternehmen (z.B. SpaceX) führen zu erhöhter Berichterstattung. Eine solche Führungspersönlichkeit gibt es bei den deutschen Herstellern in der Form nicht. Außerdem baut Tesla gerade in Deutschland seine neue Fabrik auf, was natürlich große mediale Beachtung findet und zu entsprechender Berichterstattung führt. Tesla ist zwar trotz geringem PR-Budget medial sehr stark vertreten, die deutschen Hersteller bieten dem Unternehmen aber dennoch erfolgreich die Stirn.