Diese Publisher sind bei Google News erfolgreich
Das Verhältnis zwischen Publishern und Google war schon immer ein widersprüchliches. Der Techkonzern aus den USA hat nicht nur die Suche im Internet revolutioniert, sondern Geschäftsmodelle disruptiert – auch das der Medien. Werbeeinahmen, die die Medienbranche zu analogen Zeiten für sich allein vereinnahmen konnte, muss sie nun mit Google teilen – Grund genug für ein angespanntes Verhältnis. Aber mehr noch: Die Zeitungsindustrie wirft dem US-Unternehmen seit Jahren vor, mit der Kuration der journalistischen Inhalte Geld zu verdienen. Noch immer wird heftig über das so genannte Leistungsschutzrecht gestritten. Es sieht vor, dass die Plattformen für die Einbindung kürzester journalistischer Inhalte bezahlen sollen. Gestritten wird hingegen auch, weil Google für digitale Publisher unverzichtbar geworden ist. Von Google ausgeschlossen werden kann und will die Branche nämlich nicht. Vor allem das Nachrichtenangebot Google News ist ein zuverlässiger – und manchmal sogar der wichtigste – Traffic-Lieferant. Vor diesem Hintergrund ist der Erfolg der Publisher bei der Platzierung ihrer Inhalte bei Google von enormer Bedeutung.
Überregionale Nachrichtenportale haben die höchste Sichtbarkeit
Allein aus diesem Grund lohnt ein Blick darauf, wann Google welche Publisher für sein News-Angebot auswählt. Das Daten-Startup azernis hat das in einer Analyse für Medieninsider getan. Dafür wurde dokumentiert, welche Inhalte und Publisher es in den nicht-personalisierten Teil der „Schlagzeilen“ in der Mobilansicht von Google News geschafft haben. Die Schlagzeilen sind aus Google-Sicht die wichtigsten Meldungen und haben damit die höchste Sichtbarkeit. Im Beobachtungszeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 5. März 2023 waren 15.000 Artikel von insgesamt 193 Publishern in den Schlagzeilen. Die Übersicht zeigt: Vor allem überregionale Nachrichtenportale haben bei Google News eine hohe Sichtbarkeit. Regionale Publisher haben nur eine Chance, wenn sie ihren Kern vernachlässigen oder wenn Lokalinhalte von überregionaler Bedeutung sind. Bei einzelnen Nachrichtenlagen profitieren auch Nischenportale, wenn Google ihnen eine Themenführerschaft attestiert.
Die meisten Artikel bei Google News stammten von NTV. Seit Anfang des Jahres verlinkte die Plattform mehr als 1500 Artikel des Nachrichtenportals von RTL Deutschland. Rund 1470 Mal wurden Artikel von T-Online gelistet, gefolgt von der Welt mit etwa 1300 Verlinkungen. Über jeweils 1000 Texte kamen auch die Angebote des Spiegel sowie der Tagesschau.
Alleine diese Top 5 haben bereits rund 43 Prozent aller Artikel in den Schlagzeilen ausgemacht. Vom Spitzenreiter NTV stammte sogar mehr als jeder 10. Artikel. Der größte Teil der Artikel ging also auf eine kleine Anzahl an Publishern zurück.
Dieser Inhalt ist bei dem externen Anbieter Datawrapper gehostet. Beim Laden dieser Inhalte werden potentiell Daten an Datawrapper fließen.
Auf die obersten 25 Positionen der Rangliste entfallen insgesamt rund 88 Prozent aller Artikel. Auf Rang 25 landete RBB24, das mit 99 Artikel aber verhältnismäßig wenig beachtet wurde. Auf den hinteren Positionen lagen Lokalzeitungen und Special-Interest-Portale mit häufig nur einem Artikel. Darunter beispielsweise Publisher wie das Magazin Soldat und Technik mit einem Artikel zu Kleinstdrohnen im Ukraine-Krieg. Das Mindener Tageblatt schaffte es mit einem überregionalen Artikel zum Thema Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien zu Google News.
Focus Online nicht in Top 10, Hasepost erfolgreicher als Ippens Merkur
Überraschend ist das Abschneiden von Focus Online. Als Nachrichtenportal, das stark auf suchmaschinenoptimierte Inhalte setzt, erreicht das Burda-Portal nur Position 12 im Ranking. Eine Erklärung wäre, dass Focus Online sich bei der Suchmaschinenoptimierung vor allem auf nicht-nachrichtliche, also beispielsweise auf Servicethemen, konzentriert.
Auffällig ist auch die hohe Anzahl an Artikeln der Hasepost aus Osnabrück. Dieses Portal für Lokalnachrichten hat es im Beobachtungszeitraum mit 153 Artikeln auf Position 20 im Ranking geschafft – also noch vor deutlich bekannteren und ebenfalls SEO-optimierten Publishern wie Rheinische Post, Merkur.de oder dem lokalen Platzhirschen NOZ (Position 38). Erfolgreich war Hasepost allerdings nicht mit Lokalnachrichten, sondern mit überregionalen Meldungen, die von der Nachrichtenagentur dts erstellt wurden.
Das Nachrichtenportal RND rangiert auf Position 14. Mit Blick auf die Schlagzeilen macht sich das eigenständige überregionale Angebot der Madsack-Mediengruppe durchaus bezahlt. Die größten Lokalzeitungen der Gruppe, die HAZ und die Leipziger Volkszeitung, erreichen Position 43 bzw. 47.
Bei 19 Artikeln befand Google News auch das Nischenportal katholisch.de für relevant. Dabei erschien die Website bei Themen wie dem Missbrauchsskandal in der Kirche oder dem Tod des emeritierten Papstes in den Schlagzeilen und konnte im Januar sogar über 3,5 Millionen Visits auf ihrer Seite verzeichnen.
Dieser Inhalt ist bei dem externen Anbieter Datawrapper gehostet. Beim Laden dieser Inhalte werden potentiell Daten an Datawrapper fließen.
Ein wichtiger Einflussfaktor bei der Platzierung in Google News scheint eine gewisse Expertise in einem Bereich oder eine angenommene Themenführerschaft zu sein. Bei Nachrichten zur Kirche beispielsweise greift Google auf katholisch.de zurück, bei lokalen Ereignissen mit überregionaler Strahlkraft bevorzugt Google News offenbar lokale Medien mit Themenführerschaften in der Region. Das war zum Beispiel bei einem Feuer in Gütersloh der Fall. Dort konnten neben Radio Gütersloh und Radio Bielefeld auch Neue Westfälische, Westfalen-Blatt und WDR ihre lokale Themenführerschaft zur Geltung bringen. Diese Themenführerschaften, die auch in der allgemeinen Suchmaschinenoptimierung als wichtig erachtet werden, sind entsprechend bei Google News nochmal relevanter.
Die automatisch generierten Namen der Themen in den Schlagzeilen (sichtbar nach „Mehr zum Thema dieser Meldung“) sind dabei häufig aus einzelnen Begriffen mit dem Vorsatz „Neuigkeiten über” zusammengesetzt. Zum Krieg in der Ukraine lautet ein solches Thema dann beispielsweise „Neuigkeiten über Ukraine“ oder „Neuigkeiten über Bachmut“. Zu diesen Begriffen wird dann scheinbar nach passenden Publishern gesucht, die eine Themenführerschaft zu diesen Themen besitzen. Daher haben es auch lokale Publisher schwer, in den Schlagzeilen stattzufinden. Durch ihren Fokus auf lokale Ereignisse können sie bei den überregional relevanten Themen kaum punkten.
Die Analyse zeigt: Der größte Teil der Auswahl von Google News verteilt sich auf eine überschaubare Anzahl von Publishern. Entsprechend dürften sie einen Großteil des weitergeleiteten Traffic von Google News verzeichnen. Vor allem lokale Medien müssen immensen Aufwand betreiben, um mithalten zu können.
Methodik
Die Analyse wurde vom 1. Januar 2023 bis zum 5. März durchgeführt. Grundlage war die deutsche Mobilversion der Google News Schlagzeilen (news.google.com/topstories). Der Server ruft dazu in 10-Minuten-Intervallen die mobile Webseite auf, ohne Javascript auszuführen. So können die obersten fünf bis sechs Themen, die mobil nicht personalisiert sind, analysiert werden. Die Analyse beinhaltet mögliche A/B-Tests, doppelte Artikel werden dennoch nur einmal berücksichtigt und nachträglich aus den Daten bereinigt.
Dieser Text erschien zuerst bei Medieninsider.com am 14.03.2023. Er ist im Original hier zu finden.
Über diesen Artikel
Geschrieben von Stefan Paulus
Publiziert am: 4/13/2023, 3:00:00 PM
Über azernis
azernis ist die Software für datengetriebene Wettbewerbsbeobachtung für News-Plattformen. Finden Sie schnell alle relevanten Themen und Formate ihrer Wettbewerber und starten Sie mit uns ins Datenzeitalter. Mehr Informationen auf unserer Homepage